11/14/2018

NUR NICHT GLEICH DAS STRUDELTUCH WERFEN!

Gepackt hat es mich nicht in Wien. Da war ich im Mai, und es war wunderbar. Sonne, Mehlspeisen, Schnitzel, das Schwarze Kameel und die Häppchen mit einem Pfiff bei Trzesniewski. Einfach herrlich. Schlicht alles ein Genuss. Doch nie wäre mir auch nur im Entferntesten der Gedanke gekommen, davon etwas nachzukochen oder nachzubacken. Das wäre ja doch zum Scheitern verurteilt. Dachte ich.
Doch dann packte es mich. Längst wieder zurück in Zürich, im Wartezimmer der Dentalhygiene, wo ich schon ziemlich nervös und gelangweilt zugleich in einer Zeitschrift blätterte, bis ich auf einer Doppelseite hängen blieb. Großformatig, in bester foodfotografischer Manier ausgeleuchtet, glänzte mir ein Stück Apfelstrudel, dick mit Puderzucker bestreut entgegen. Für einen Augenblick vergaß ich sogar meinen Zahnarztbesuch bedingten flauen Magen und ich las das Rezept – und staunte. Ist ja gar nicht so wild! Dachte ich. Das Strudelfieber hatte mich.

Fast frohen Mutes setzte ich mich auf den Folterstuhl, und während mich der unbarmherzige Ton des Ultraschalls quälte, malte ich mir aus, wie ich mit Leichtigkeit einen geschmeidigen Strudelteig knete, dehne, ziehe ...
Nun, die Wirklichkeit war dann doch etwas harziger. So einfach und mühelos wie im besagten Rezept beschrieben, oder wie im Netz in vielen Videos demonstriert, ist es dann doch nicht. Doch wenn ich einen Ratschlag geben darf: Nicht gleich aufgeben! Es wäre himmeltraurig, es unversucht zu lassen. Denn, schon Franz Josef soll gesagt haben: "Ein Tag ohne Strudel ist wie ein Himmel ohne Sterne".









Wiener Apfelstrudel

Zutaten
Teig
125 g Mehl
1 EL Sonnenblumenöl
1/2 EL Apfelessig
1/2 TL Salz
60 - 80 ml lauwarmes Wasser

+ Sonnenblumenöl zum rasten

Füllung
600-700 g Boskop Äpfel 
Saft einer halben Zitrone
40 g Zucker
1 Päckchen Vanillezucker
1/2 TL Zimt
40 g Sultaninen oder Rosinen
30 g gemahlene Mandeln
12 grob gehackte Baumnusshälften

Brösel
50 g Semmelbrösel
25 g Zucker
40 g Butter

Zum Bestreichen
60 g Butter

Zum Bestreuen
Puderzucker

Zubereitung
Die Sultaninen oder Rosinen in lauwarmes Wasser oder Rum einlegen. Man kann dies auch schon am Vortag tun.

Strudelteig
Wasser, Öl, Essig und Salz von Hand, mit einem Löffel oder mit dem Mixer (Knethaken) in einer Rührschüssel vermengen. Sobald sich die Teigbestandteile zusammengefügt haben, die Masse auf eine Arbeitsfläche geben und 10 Minuten kräftig kneten. Dieser Vorgang aktiviert das Gluten, wodurch der Teig elastisch und dehnbar wird. Den Teig dabei immer wieder mit dem Handballen drücken und ihn hin und wieder auch auf die Arbeitsfläche schlagen. Der Teig sollte feucht, aber nicht klebrig sein. 
Den Teig zu einer glatten Kugel formen. In einen tiefen Teller etwas Sonnenblumenöl geben, den Teig darauf legen und mit mehr Öl großzügig bestreichen. Eine Schüssel (Keramik, Glas- oder Porzellan) mit heißem Wasser ausspülen, gut abtrocknen und über den Teller mit dem Teig stülpen.

Den Teig eine Stunde bei Zimmertemperatur ruhen, oder wie die Österreicher sagen, rasten lassen.

Brösel
In dieser Zeit die Butter in einer Pfanne bei mittlerer Hitze schmelzen, die Brösel zugeben und leicht anrösten. Den Zucker untermischen und die Pfanne vom Herd nehmen.  

Füllung
Die Äpfel schälen, vierteln, entkernen und in ca. 3 mm Scheiben schneiden. Mit Zitronensaft beträufeln und mit den restlichen Zutaten vermengen. 

Den Ofen auf 180° C vorheizen.

Die Butter zum Bestreichen auf kleiner Stufe schmelzen.
            
Strudelteig ausziehen 
Ein Strudeltuch (ein Küchen- oder Tischtuch) gleichmäßig bemehlen und den Teig in die Mitte legen. Den Teig mit den Händen etwas flach drücken, dann mit einem Wallholz soweit es geht ausrollen. Dabei den Teig immer wieder, wenn nötig, leicht bemehlen und wenden. Er soll weder am Wallholz noch an der Arbeitsfläche kleben. Nun beide Hände mit den Handrücken nach oben (Achtung spitzen Schmuck vorher ablegen) unter den Teig schieben und den Teig von der Mitte nach außen dehnen. Sobald er groß und dünn wird, zurück auf das Tuch legen und weiter ziehen. Er soll dünn wie Zeitungspapier sein und so transparent, dass das Tuch durchscheint. 

Keine Panik, auch wenn's mal reißt. Das ist zwar ärgerlich, aber kleine Löcher lassen sich mit etwas Teig flicken. Besonders Löcher am Rand und dort wo keine Füllung drauf kommt, sind nicht weiter schlimm.

Den Teig ungefähr auf eine Größe von 50 x 70 cm ziehen.
Dicke Teigränder rundherum abschneiden.

Ich habe meinen kleinen Küchentisch (ca. 90 x 60 cm) in die Mitte der Küche gestellt, so konnte ich rundherum gehen und den Teig bis über die Tischkanten ziehen. Ich habe allerdings die doppelte Teigmenge (250 g Mehl) zubereitet, da es mir als Anfängerin einfacher schien, mit mehr Material zu arbeiten. Natürlich gibt es dadurch mehr Teigabfall.
Wer die Möglichkeit hat, zu zweit zu arbeiten, sollte dies tun, zumindest bei den ersten Versuchen. Meine Mutter ist mir beigestanden – ich war sehr froh um zwei weitere helfende und ziehende Hände.

Die Teigfläche dünn mit zerlassener Butter bestreichen.

Von der kurzen Kante aufwärts 1/3 bis 1/2 der Fläche mit den Zucker-Butter-Bröseln bestreuen, dann darüber die Apfelmischung verteilen. Etwa drei Zentimeter Rand freilassen. Diese Seitenränder einschlagen und den Strudel mit dem Tuch aufrollen. Das geht fast wie von selbst. Ich bestreiche den Teig nach jeder oder jeden zweiten Umdrehung nochmals mit etwas Butter, so wird er schön blätterig und knusprig.

Den Strudel mit der Naht nach unten auf ein Backpapier rollen und auf das Backblech transferieren.
Mit der restlichen zerlassenen Butter bestreichen und 35 - 40 Minuten goldbraun backen.

Den Strudel 10 Minuten auskühlen lassen, in Stücke schneiden und mit Puderzucker bestäuben. 
Am besten schmeckt der Strudel frisch, am selben Tag. 
Mit geschlagener Sahne, Vanillesoße oder Vanilleeis servieren.

An Guaden!

ALL IMAGES © TableTales


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