8/31/2015

KEINE KNETE!

2006 publizierte der New York Times Food Journalist Mark Bittmann ein Rezept in seiner Kolumne The Minimalist, das sich in Windeseile herumsprach und sich in der Blogosphäre verbreitete wie ein Lauffeuer. Bis heute gibt es wohl kaum einen Foodblog, der noch nicht über dieses Wunder aus der Backstube, Jim Lahey's No-Knead-Bread, berichtet hat.

Die Methode, ein Brot herzustellen, ohne den Teig zu kneten, ging um die Welt. Nicht nur, weil die Zubereitung fast keinen Arbeitsaufwand erfordert und sich dadurch vermutlich auch Faule angesprochen fühlten, nein, wohl vielmehr, weil der vollmundige Geschmack des Brotes, erzeugt durch die lange Gär- und Fermentierzeit bei sehr geringer Hefezugabe, unvergleichlich ist zum industriell hergestellten Etwas, das bei den meisten von uns als ihr täglich Brot auf den Tisch kommt.

Lahey, der Gründer der Sullivan Street Bakery in New York, läutete durch Bittmans Kolumne eine neue Ära des Brotbackens ein, die bis heute ihre Gültigkeit hat und mit der Rezept-Formel präzise definiert ist: 430g Mehl, 8g Salz, 1g Trockenhefe, 345g Wasser.


Nicht unerwähnt soll auch die kalifornische Bäckerin und Künstlerin Suzanne Dunway sein. Denn bereits 1999 erschien ihr Buch No Need to Knead mit einer Sammlung von 80 Nicht-Knet-Rezepten — die Technik lässt sich nämlich auf alle mögliche Arten anwenden. Ungeknetet entstehen Teige für eine Foccachia, für dünne Filoncini, für ein Pane Casareccio und klar, auch für die Pizza – der No-Knead-Pizza-Dough.


Diese Nicht-Knet-Teige stehen schon lange auf meiner Das-will-ich-endlich-einmal-ausprobieren-Liste. Und ich kann schon jetzt sagen, es wird nicht bei diesem einen Mal bleiben, denn ich hatte nie einen weicheren und elastischeren Teig in Händen. Der Weg dahin ist wirklich nicht schwierig, aber dann braucht es doch ein paar An- und Leerläufe, einfach so wird man nicht zum Pizza-Bäcker! Bis man den Teig nonchalant durch die Luft wirbeln kann oder ganz unangestrengt und routiniert mit den Fäusten formt wie Lahey, das braucht Übung. Und die hat er wahrlich, bevor Jim Lahey die Sullivan Street Bakery eröffnete, die letztes Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feierte, studierte er in Italien Bildhauerei! Es ist eine Kunst, darum: üben, üben, üben – nach der Pizza ist vor der Pizza! Die Anleitung dazu, wie üblich, im Anschluss an die Bilder.



No-Knead-Pizza
nach Jim Lahey

Zutaten
500g Mehl
1g Trockenhefe
16g Meersalz
350g Wasser

Zubereitung
Mehl, Trockenhefe und Salz in einer Schüssel gut durchmischen, dann das Wasser dazugeben und mit einem Holzlöffel oder von Hand verrühren. Darauf achten, dass das Mehl vollständig befeuchtet ist.
Die Schüssel mit Haushaltfolie abdecken und für rund 18 Stunden bei Raumtemperatur gehen lassen.

Nach dieser Zeit eine Arbeitsfläche bemehlen, den Teig darauf gleiten lassen und versuchen ihn in eine (ungefähr) viereckige Form zu bringen. Dieses Viereck in vier gleich große Stücke teilen. Nun jedes Viereck falten, indem je eine Ecke bis etwas über die Mitte gefaltet wird, also viermal, bis ein Teighaufen, ein Hügel, entstanden ist. Diese Haufen mit bemehlten Händen wenden und zu Kugeln formen. 1 Stunde mit einem Tuch abgedeckt ruhen lassen.

Den Ofen auf 250° C, wer kann auf 260° C vorheizen.
Das Backblech mit Backpapier belegen.

Eine Teigkugel mit den Händen zu einer (möglichst) runden Fläche formen und auf das Backpapier legen. 

Den Teig nach Wunsch belegen.
Die Möglichkeiten sind wirklich unbegrenzt, ich habe es erst einmal traditionell mit Tomaten-Passata, Büffelmozarella und Tomaten versucht, Basilikum fehlte gerade, dafür etwas Rosmarin und die Pimentos waren gerade in Griffnähe, Salz, Pfeffer aus der Mühle.
Dann auf mittlerer Schiene für ca. 10 Minuten im heißen Ofen backen.

Der Boden sollte knusprig sein, oben sollte der Teig blasen bilden und sich schön färben. Auch da muss man üben und ausprobieren. Jeder Ofen ist anders, viele Haushaltsöfen können die nötige Hitze gar nicht erzeugen. Klar, ein Holzkohleofen wäre ideal! Oder ein Pizzastein, den man im oberen Drittel des Ofens platziert. Damit erzielt man wohl bessere Ergebnisse.
Wir waren zwar ziemlich glücklich mit unserem Resultat, geschmacklich wunderbar, aber es gibt Verbesserungspotenzial. Stichwort (runde) Form – obwohl, auch diese nicht perfekten Formen haben durchaus ihren Charme! Aber an der Knusprigkeit des Bodens kann noch gearbeitet werden... ja, Wunder passieren eben nicht einfach so. Viel Spaß beim Üben!

ALL IMAGES © TableTales /
Bild 1, rechts, Bild 6, rechts Sullivan Street Bakery, Bild 3 via theodysseyonline.com

4 Kommentare:

  1. Cool, davon hatte ich noch nie gehört. Das muss ich unbedingt ausprobieren. Bin auf das Resultat gespannt.

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    1. Danke Nils! Gutes Gelingen! Und berichte mir vom Resultat!

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  2. Anonym9/28/2015

    Bin fasziniert von diesem Rezept! :-) Wäre es auch möglich, das Rezept für das Sullivan-Bakery-Brot zu bekommen? Liebe Grüsse Catherine

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    1. Liebe Catherine
      Ich nehme an, du meinst das klassische No-Knead-Bread.
      Hier das Rezept, allerdings auf Englisch: http://cooking.nytimes.com/recipes/11376-no-knead-bread?ref=dining
      Viel Erfolg — ich werde es demnächst auch versuchen!
      Herzlich Iris

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