Das Licht, das Meer, bekannte und fremde Gerüche, ein Mix verschiedener Sprachen, die gute Laune. Tel Aviv! Wer einmal dort war, wird wieder hingehen. Wie ich. Oder gleich dort bleiben. Wie Tom Franz.
Der Deutsche aus dem Rheinland fand in der Weißen Stadt am Mittelmeer vor über zehn Jahren sein neues Zuhause, seinen Ort. Und seine Bestimmung, einer der bekanntesten Köche Israels zu werden. Doch auch wenn der Flug von Köln nach Tel Aviv lediglich vier Stunden dauert, es war ein weiter Weg, und manchmal bestimmt auch ein steiniger. |
Am Anfang stand ein Schüleraustausch mit israelischen Jugendlichen, der den heute 43-Jährigen damals tief beeindruckte. Ein Gefühl der Zugehörigkeit und die Lebensfreude dieser jungen Menschen ließen den angehenden Juristen nicht mehr los und sollten fortan seinen weiteren Lebensweg bestimmen.
Tom besuchte Israel und verliebte sich. Nicht in eine Frau – dies erst viel später. Zuerst in das Land, in den Puls des Lebens, der dort immer etwas höher schlägt.
Zurück in Deutschland fasste er den Entschluss auszuwandern, nicht etwa nur aus seiner Heimat. Der gebürtige Katholik konvertierte zum Judentum.
Eine Biografie, die, wie es scheint, mit Widersprüchen gespickt ist, die aber dennoch ein rundes Ganzes wurde. Spätestens dann, als er seiner heutigen Frau Dana in Tel Aviv begegnete. Als PR-Frau im Food-Bereich, bekräftigte sie ihren Mann sein Talent, das er in der Küche an den Tag legte, weiter zu verfolgen und zu verfeinern. Toms Perfektionismus, gepaart mit seinem Wagemut, wurde schließlich belohnt: 2013 gewann der Kölner Israeli die israelische TV-Koch-Show „Masterchef“, deren Finale über 50% aller israelischen Haushalte verfolgte – das halbe Land war verliebt in diesen sympathischen Kölschen Jung. |
Überhaupt, in Tel Aviv ist man immer ein bisschen verliebt. In den blauen Himmel, in die lachenden Gesichter, in die Lebendigkeit, in das perfekt Unperfekte. Und klar, in das israelische Essen! Doch was ist israelisches Essen? Falafel rauf und runter? Nein! Es ist so viel mehr – ein riesengroßer Kochtopf muss Geschmäcker aus über 60 Nationen vereinen! Daraus entstehen unterschiedlichste Kreationen. Heute mehr denn je. Es wird experimentiert, Traditionen werden modernisiert. Scheinbar unvereinbare Geschmäcker unterschiedlichster Herkunft werden kombiniert. Tom ist ein Meister darin. Vermeintlich Widersprüchliches verschmilzt in seiner Küche zu einer köstlichen Einheit. Der Israelisch-Rheinische Sauerbraten ist ein Beispiel. Oder Kölner Reibekuchen mit orientalischem Einschlag. Mit dieser Variante des Rievkooches, wie der Kölner sagt, zwang er die israelischen Masterchef-Juroren in die Knie, unter anderem Eyal Shani: Die Reibekuchen seien so lecker, dass es schon „krankhaft“ sei...
Dass dieses Gericht zum Niederknien ist, liegt sicherlich auch an der Begleitung, die Tom Franz dazu serviert: Der Rote-Beete-Sirup und das Gewürzkompott verleihen den knusprigen Kartoffelpuffern die spezielle israelische Note.
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Wer Tel Aviv besucht, bringt sich die Gewürze natürlich gleich mit. Eine wunderschöne Auswahl gibt es am Levinsky Markt im Quartier Florentin. In diesem angesagten Stadtteil boomen viele Restaurants, die explizit nicht koscher sind oder sein wollen, als wäre es ein Qualitätssiegel. Bis anhin galt koscher und lecker nämlich als schwer vereinbar, schon gar nicht auf Gourmetstufe. Doch auch diesen Widerspruch versteht Tom in Luft aufzulösen: „Es mag eine Herausforderung sein die Kaschrut – die jüdischen Speisevorschriften – in der Spitzengastronomie einzuhalten, aber es ist keine Einschränkung.“
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Den schmackhaften Beweis dafür, erbringt er in seinem Kochbuch So schmeckt Israel.
Versammelt sind seine israelischen Lieblingsrezepte, in die er teilweise raffiniert seine ursprüngliche Heimat einfließen lässt. Dabei verzichtet er auf Ersatzzutaten. Zum Fleisch gibt es statt einer Pseudo-Rahmsauce eben eine köstliche Auberginencreme.
Eingestreute Infoseiten zwischen den thematisch geordneten Rezepten widmen sich aus persönlicher Sicht des Autors den jüdischen Feiertagen, der Bedeutung des Weins in Israel oder der Kaschrut und runden das charmante Kochbuch ab.
Das Register könnte detaillierter sein, denn mit Freude habe ich im Buch vier verschiedene Zubereitungsarten der Sesamsauce Tahina gezählt. Da sie aber „nur“ Bestandteile von Rezepten sind, sind sie im Index nicht einzeln aufgeführt. Das heißt nochmals blättern und suchen, dank der appetitlichen Aufnahmen aber immer wieder ein anregendes Vergnügen, das inspiriert, sowohl für den Alltag, aber auch für einen besonderen Anlass.
Hätte sich Toms Geschichte in Italien oder Frankreich zugetragen, sie wäre wohl kaum der Rede wert. Doch seine Wahl fiel auf Israel, ein Land im permanenten Spagat, das selbst voller Widersprüche ist und viele Menschen emotional bewegt, sowohl positiv wie auch negativ. Leider oft basierend auf Unkenntnis, Vorurteilen und festgefahrenen Meinungen – Ingredienzien, die in Toms Leben und Küche keinen Platz haben. Denn er weiß, sie ergeben höchstens einen bitteren Geschmack. Wer würde da widersprechen!
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