In meinen Händen halte ich das neue Kochbuch von Claudio Del Principe: a casa. Ich gebe zu, ein wenig überdrüssig von den vielen Kochbüchern, die fast täglich auf den Markt gespült werden, blättere ich nur kurz durch. Und halte dann doch inne. Auf der letzten Seite. Diese ziert ein Foto, das ich lange betrachte. Es berührt mich, es weckt Erinnerungen. Der Autor steht neben seinem neunzigjährigen Vater, der ihm, wie da steht, schon immer den Rat gab, nicht zuviel auswärts zu essen. „Du ruinierst dir den Magen. Nirgends isst du besser als zuhause.“
Mein Vater erreichte dieses hohe Alter leider nicht, aber die Worte könnten die seinen sein. Als Kind ärgerte ich mich darüber, denn die anderen gingen ins Restaurant. Wir aßen zuhause. Später hatte ich meine Auswärtsphase, die sich aber längst ausgewachsen, ausgegessen, hat. Mein Vater hatte recht. Zu oft verließ und verlasse ich Restaurants enttäuscht, zumindest ernüchtert. Vielleicht sind meine Erwartungen zu hoch. Klar, auch zuhause bin ich manchmal unzufrieden. Aber ich weiß dann wenigstens warum. Die Zutaten waren nicht sorgfältig ausgesucht. Oder ich habe nicht genügend Zeit investiert – wie Claudio schreibt: „die wertvollste Zutat“. Widmet man dem Essen Zeit, entsteht daraus automatisch die zweite wichtige Zutat: Liebe. Diese ist denn auch auf allen Seiten des sorgfältig gestalteten Buches zu spüren und zu finden. Für fast jeden Tag des Kalenders eine Portion Amore. Sei es als herbstlicher Risotto oder zartes Lammragout; als Pane pugliese oder einer Spuma di Ricotta.
Und wie könnte es anders sein, als Pasta. Viel Pasta. Claudio verführt gnadenlos mit einer Fülle von wunderschönen Rezepten. Die Herstellung des Pastateiges, egal an welchem Wochentag, beschreibt er als Fest. Als Akt der Hingabe, aber auch der Demut, denn – wie beruhigend – bis man die perfekte Sfoglia, das Teigblatt in der Größe eines Leintuchs hinbekommt, brauche es Jahre. Er sei meilenweit davon entfernt. Nun ja... Wo bitte bin dann ich? Lichtjahre entfernt. Auf dem Mond. Kein Grund aufzugeben: „Sie schaffen das!“ ermutigt er entspannt. Überhaupt, das ganze Buch, die Sprache, die Bilder, alles wirkt unangestrengt. Einfach normal. Als würde man in Claudios Küche sitzen, während er hübsche Cappelletti formt und dabei erzählt. Kleine Geschichten, Anekdoten, auch einmal einen charmanten Witz.
Mit diesem Kochtagebuch bleibt keine Zeit für auswärts – für ein ganzes Jahr lang nicht. Ich freue mich darauf und habe bereits begonnen: Orecchiette mit Mangoldsugo. Den „brutal knusprigen Guanciale“ habe ich zwar weggelassen, dafür umso mehr Pecorino darüber gehobelt. Wahrlich, ein Fest! Und das an einem Montag. Grazie mille Claudio! Ach ja, und ein Hoch auf unsere Väter. Claudio Del Principe: a casa. AT Verlag. 320 Seiten. CHF 49.90. Erhältlich im Buchhandel oder direkt beim Verlag. |
10/30/2017
ISS NICHT ZU VIEL AUSWÄRTS!
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